Arzneimittelversorgung in Deutschland — eine Einführung

Dieser Lerntext befasst sich mit den Grundzügen der Arzneimittelversorgung in Deutschland. Hierbei sollen insbesondere die Grundidee des Gesetzgebers bzgl. Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Lieferkette deutlich werden.
Radikale Reduktion der Komplexität
- Das Apothekenmonopol
garantiert eine transparente und sichere Lieferkette für Arzneimittel als besondere Ware.
- Gatekeeper
Arzt und Apotheker sind die Kontrollinstanzen des Arzneimittelverbrauchs.
- Freie Apothekenwahl
Jeder Patient hat die uneingeschränkte Wahlfreiheit, durch welche Apotheke er seine Arzneimittel erhalten will. Ausnahmen sind nur in besonderen Versorgungssituationen möglich.
Gesetzlicher Rahmen der Arzneimittelversorgung in Deutschland
Die Arzneimittelversorgung in Deutschland ist grundlegend im Arzneimittelgesetz (AMG) geregelt, während das Apothekengesetz (ApoG) die spezielleren Rechtsvorschriften für das Apothekenwesen beinhaltet. Es existiert — wie im Medizinrecht üblich – keine einheitliche Gesamtkodifizierung, da unzählige einstrahlende Gesetzesvorschriften die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung beeinflussen. Beispielsweise sollen das Berufsrecht der Heilberufe und das Sozialrecht genannt sein.
Grundprinzipien der Arzneimittelversorgung
Das übergeordnete Ziel des Arzneimittelgesetzes ist der Gesundheitsschutz der Bevölkerung. Zu diesem Zweck beinhaltet es unzählige Vorschriften, die eine Marktregulierung und engmaschige Kontrolle der Vertriebswege ermöglichen. Die folgenden Grundprinzipien verdeutlichen dies:
Kontrollierte Vertriebswege
Der durchgreifende Grundsatz, des durch die Rechtsvorschriften eng flankierten Systems, ist eine starre und damit engmaschig kontrollierbare Lieferkette vom pharmazeutischen Unternehmer (pU) ggf. über den pharmazeutischen Großhandel (GH) und die (öffentliche) Apotheke an den Endverbraucher (Patient). Von diesem Grundsatz wird nur in Ausnahmefällen nach § 47 AMG abgewichen. Hierbei handelt es sich regelmäßig um besondere Versorgungssituationen, bei denen insbesondere der Weg über die Arzneimittelabgabe direkt an den Patienten nicht optimal wäre.
Der typische Weg des Arzneimittels als »Ware besonderer Art« wäre damit bereits beschrieben.
Warum legt der Gesetzgeber so großen Wert auf eine “saubere” Lieferkette?
Nun, jüngste Arzneimittelskandale (z. B. hier) zeigen wie wichtig eine transparente Lieferkette ist. Wo es Geld zu verdienen gibt, steht der Patientenschutz oftmals hinten an. Eine streng regulierte und überwachte Lieferkette wirkt diesem Problem entgegen.
Apothekenmonopol
Grundsätzlich ist die Arzneimittelabgabe für Humanarzneimittel nach § 43 AMG den Apotheken vorbehalten (sog. Apothekenmonopol). Dies gilt für alle Arzneimittel nach § 2 AMG bis auf zulässige Ausnahmen nach §§ 44 und 45 AMG.
Diese — zumeist aufgrund ihres geringen Gefährdungspotenzials — aus der Apothekenpflicht entlassenen Arzneimittel sind für die Inverkehrbringung durch den Einzelhandel (z. B. Aldi, DM, REWE, etc.) freigegeben.
(Eine detailierte Aufarbeitung des Arzneimittelbegriffs findest Du in der Abgrenzungsübung “(Lifeplus) Abgrenzungsübung: Arznei- oder Nahrungsergänzungsmittel?)
Sinn und Zweck des Apothekenmonopols sind auf der einen Seite sicherlich Qualitätsaspekte, da Apotheker als Arzneimittelexperten auch für eine ordnungsgemäße Lagerung und Distribution von Arzneimitteln sorgen können. Wichtiger dürfte jedoch der Aspekt des Patientenschutzes über die ordnungsgemäße Beratung sowie die Leitfunktion des Apothekers in der Selbstmedikation sein.
Gatekeeper
Die Leitfunktion in der Arzneimittelversorgung in Deutschland verteilt sich auf zwei Paar Schultern. Grundsätzlich kann zwischen zwei Kategorien von Arzneimitteln, die sich in Hinblick auf den Zugang bzw. die Gatekeeperfunktion der Heilberufe (Arzt und Apotheker) unterschieden werden:
- verschreibungspflichtige Arzneimittel (sog. Rx-Arzneimittel)
- nicht verschreibungspflichtige, apothekenpflichtige Arzneimittel (sog. Non-Rx-Arzneimittel oder auch OTC)
Die Versorgungsprozessketten unterscheiden sich in erster Linie durch die Verlagerung der Gatekeeperfunktion zwischen Arzt und Apotheker. Während der Patient zum Erwerb eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels nach § 48 AMG eine ärztliche Verordnung benötigt, ist der Zugang zu apothekenpflichtigen Arzneimitteln dem Patienten im Vergleich zu verschreibungspflichtigen Arzneimitteln deutlich erleichtert. Hier übernimmt der Apotheker die Aufgabe Notwendigkeit und Eignung der Selbstmedikation für den Patienten zu beurteilen.
Freie Apothekenwahl
Nicht im AMG, aber im ApoG wird ein weiteres Grundprinzip der Arzneimittelversorgung in Deutschland festgeschrieben — die freie Apothekenwahl. Gemäß § 11 ApoG sind Absprachen beispielsweise mit Ärzten lediglich in besonderen Versorgungssituationen zulässig (vgl. auch Lerntext “Leitgedanken des deutschen Apothekenwesens”).
Einmal mehr wird deutlich, dass der Gesetzgeber den strengen Rahmen der Arzneimittelversorgung in Deutschland regelmäßig dann lockert, sofern es besondere Versorgungssituationen (Pandemien, onkologische Therapie, etc.) erforderlich machen.
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